Die Sonntagsöffnung war Thema auf dem 104. Bibliothekartag in Nürnberg
Sind Bibliotheken primär Bildungseinrichtungen oder sind sie inzwischen nicht in zunehmendem Maße auch Erlebnis- und Freizeitorte? Diese zentrale Frage ist der Dreh- und Angelpunkt der Diskussion um die Öffnung öffentlicher Bibliotheken an Sonntagen.
Bibliotheken sind nicht nur Orte der Medienausleihe, sondern auch Institutionen, die als sozialer Treffpunkt dienen und die als Erlebnisorte z.B. für junge Familien vermittelt werden können. Hier findet ein kulturpolitischer Prozess statt. Als eine solche Institution kann für öffentliche Bibliotheken ein ähnlicher Maßstab gelten wie für Museen, Theater oder Konzerthäuser, die Sonntags allesamt öffnen können.
Zudem ist es angesichts eines stark veränderten Arbeits- und Freizeitverhaltens der modernen Gesellschaft wichtig, allen Menschen weiterhin ungehinderten Zugang zu Informationen, Bildung und Kultur zu gewähren. Übersieht man den Umstand, dass für viele berufstätige Menschen der Sonntag faktisch eine der wenigen Gelegenheiten für einen Bibliotheksbesuch bietet, so knüpft man das Lernen an bestimmte Orte und Zeiten. Dies ist mit dem Anspruch, dass Lernen altersunabhängig und unabhängig von individuellen Lebenslagen möglich sein muss, nur schwer vereinbar. Als Demografiebeauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist mir dieser Anspruch sehr wichtig, denn Wissen und Bildung sind Ressourcen, auf denen unsere Gesellschaft von morgen aufbaut.
Aus diesen Gründen befürworte auch ich die Sonntagsöffnung. Aber: Wir dürfen die Bibliotheksbeschäftigten damit nicht überfordern. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass den Nutzern eines ausgeweiteten Bibliotheksangebots ganz klar kommuniziert wird, dass dies zwangsläufig mit einer gewissen Ausdünnung der Servicezeiten professionellen Personals unter der Woche einhergehen muss. Auch an einem geöffneten Sonntag wird nicht zu allen Zeiten Fachpersonal da sein können. Dies sollte niemand, der die Sonntagsöffnung fordert, realistischerweise erwarten. Auf keinen Fall kann es angehen, dass die Beschäftigen in den Bibliotheken plötzlich mit einer massiven Ausweitung ihrer wöchentlichen Arbeitsstunden und steigender Arbeitsbelastung rechnen müssen.
Trotz widerstreitender Positionen waren sich alle Diskutanten darin einig, dass viele Fragen der konkreten Ausgestaltung einer möglichen Sonntagsöffnung noch völlig offen sind. So gab Frau Thorwirth von ver.di, die sich gegen das Vorhaben aussprach, zu bedenken, dass die finanzielle Unterfütterung einer Serviceausweitung überhaupt nicht gegeben sei. Auch die Arbeitsintensität der hauptamtlich Beschäftigten sei schon jetzt enorm hoch. Herr Becker vom Berufsverband Information Bibliothek e.V. (BIB) zeigte sich grundsätzlich aufgeschlossen, verwies aber auf die notwendige Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Einen einheitlichen Rechtsrahmen forderte auch Herr Hinte vom Deutschen Bibliotheksverband e.v. (dbv), der die Sonntagsöffnung im Zusammenhang mit einer Aufbesserung der Grundversorgung der Bibliotheken betrachtet. Ob wir aber eine rechtliche Änderung des Arbeitszeitgesetzes (konkret: § 10 Abs. 1 Nr. 7 ArbZG) brauchen, ist unklar. Bereits jetzt können öffentliche Bibliotheken Sonntags öffnen, sofern sie dafür auf Wachdienste, Ehrenamtliche oder studentische Hilfskräfte zurückgreifen. Von einem entsprechenden Modellprojekt aus Mönchengladbach, das sehr erfolgreich verlief, berichtete Frau Behrendt.
Mein Dank geht an Frau Dr. Lux für die Moderation dieser interessanten Debatte. Da längst noch nicht alles ausdiskutiert ist, streben wir in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine handwerklich saubere Regelung an, die die Kommunen in die Lage versetzt, eine arbeitnehmerfreundliche Ausgestaltung der Sonntagsöffnung in öffentlichen Bibliotheken vorzunehmen. Ob wir uns darauf mit unserem Koalitionspartner einigen können, ist zurzeit schwer absehbar. In jedem Fall bleibt es ein spannendes Thema, gerade für mich als Beauftragter für den Umgang mit dem demografischen Wandel. Es freut mich, dass Bibliotheken inzwischen auch zu Orten des intergenerativen Austausches geworden sind. In diesem Sinne plädiere ich für eine optimistische Herangehensweise und den Mut, die Zukunft von Bibliotheken neu zu gestalten!
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